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Die Rechte der indigenen Völker in Brasilien

Eingetragen von mg, prwa am Dezember 22, 2016 in
Hintergrund / Indigene Welten, Länder

Die Geschichte der Indigenen in Brasilien ist durch Sklaverei, Gewalt, Krankheiten und Völkermord gekennzeichnet. Vor 1500 war das heutige Staatsgebiet Brasiliens nahezu ausschließlich von indigenen Völkern bewohnt. Damals lebten schätzungsweise 11 Millionen Menschen in Brasilien, die sich auf rund 2.000 verschiedene Völker verteilten. (Heute leben noch rund 400.000 Indigene in Brasilien, die sich auf etwa 200 Völker verteilen).

Die Kolonialisierung Brasiliens durch die Portugiesen hatte grausame Folgen für die Indigenen. Durch den Kontakt mit den Europäern starben viele Indigene an für sie völlig neuen Krankheiten, wurden direkt ermordet oder auf den Plantagen der Europäer versklavt (Indigene Völker Brasiliens).

Nach der Unabhängigkeit Brasiliens im Jahr 1822, gab sich der junge Staat 1824 eine Verfassung. Allerdings waren die Rechte der Indigenen in dieser Verfassung gar nicht oder unzureichend formuliert. Erst 1850, durch das Gesetz N° 601, kam die Frage indigenen Landrechts auf. Es wurden neue Richtlinien zur Besetzung des brasilianischen Staatsgebietes erlassen, und Indigenen in geringem Umfang Rechte über das Land zuerkannt, das sie bewohnten. Zwanzig Jahre später wurde die SPI (Serviço de Proteção ao Índio) zum Schutz der Indigenen eingerichtet. Die Aufgabe dieser Institution war es, die Indigenen in der Ausübung und der Verteidigung ihrer Rechte zu unterstützen und die Verbesserung ihres Lebensstandards zu fördern. Im Jahr 1967 wurde die SPI durch die Gründung der FUNAI (Fundação Nacional do Índio) ersetzt. Die FUNAI untersteht dem brasilianischen Justizministerium und soll die Rechte indigener Völker sicherstellen.

Rechte der Indigenen – Entwicklung

Erst mit der neuen Verfassung im Jahr 1988 wurde indigenen Völkern in Brasilien das Recht an ihrem Land zugesichert. In dieser Verfassung werden spezifische Rechte der indigenen Völker auf das genutzte Land, ihre Kultur, Religion und Gesellschaftsordnung anerkannt. Damit ist der Staat verpflichtet, das Land der indigenen Bevölkerung zu demarkieren.

Trotz der zugesicherten Landrechte der Indigenen durch die Verfassung von 1988 und die Verpflichtung der Regierung, die entsprechenden Territorien zu demarkieren und anzuerkennen, wird dieser Prozess immer wieder verzögert oder bewusst ignoriert. Das Anerkennungsverfahren verläuft üblicherweise in fünf Schritten:

  1. Identifizierung der Gruppe: Untersuchungen einer Arbeitsgruppe der staatlichen Indianerbehörde Funai (National Governmental Council on Indigenous Issues/ Nationaler Regierungsrat für indigene Belange) zu den ursprünglichen Grenzen des indigenen Gebiets, unter Hinzuziehung von ethnologischen Forschungsergebnissen, rechtlichen und historischen Dokumenten, Gesprächen, archäologischen und soziologischen Erkenntnissen etc. Der daraus folgende Bericht muss vom Präsidenten der Funai bestätigt werden. Mit der Veröffentlichung einer Zusammenfassung beginnt eine Frist von 90 Tagen, innerhalb der jeder brasilianische Staatsbürger, der dies wünscht, Einspruch einlegen kann. Die Funai hat danach 60 Tage Zeit, ihrerseits Stellung zu nehmen und den Bericht an das Justizministerium weiterzuleiten.
  2. Verlautbarung: Das Justizministerium muss nach Erhalt des Vorgangs innerhalb von 30 Tagen die Größe des indigenen Gebietes bekannt geben.
  3. Demarkierung: Es folgt die tatsächliche Vermessung und Abgrenzung des indigenen Territoriums.
  4. Zulassung: Der Präsident der Republik Brasilien bestätigt mit seiner Unterschrift die Demarkierung.
  5. Registrierung: Das indigene Territorium wird in einem Notariat offiziell registriert (binnen einer Frist von längstens 30 Tagen nach der Zulassung durch den Präsidenten).

Die Indigenen kämpfen seit Jahrzehnten für ihre Landrechte und die Demarkierung ihrer Territorien. Der Prozess für die Demarkierung der indigenen Gebiete wird von der brasilianischen Regierung häufig abgelehnt oder verzögert. Dieses fehlende Interesse der Regierung hat zur Folge, dass das Land ungleich verteilt wird, von Siedlern oder Unternehmen illegal genutzt wird und so zahlreiche Landkonflikte provoziert bzw. weiter anheizt. Nach wie vor sind Massaker an der indigenen Bevölkerung, Morde an indigenen Führern, Drohungen, Raub und illegale Landnahme an der Tagesordnung. Und die Täter gehen zumeist straffrei aus (Brasilien).

Aktuelle Debatte um Verfassungsreform

Selbst der schleppend verlaufende Demarkierungsprozess indigener Gebiete geht manchen in der brasilianischen Gesellschaft zu weit. So versuchen Abgeordnete des Kongresses, eine Verfassungsreform, die so genannte „PEC 215“, durchzusetzen, die die Entscheidungsbefugnis für die Schutzgebiete und die indigenen Territorien von der brasilianischen Regierung auf das brasilianische Parlament übertragen soll. Damit würde über die Gebiets- und Demarkationsfragen der indigenen Territorien zukünftig im brasilianischen Parlament abgestimmt. Ein gesteigertes Interesse an diesem Zuständigkeitswechsel haben die im Parlament stark vertretenen Lobbygruppen von Landwirtschaft, Energie- und Bergbau. Ihr Interesse ist dabei weniger der Schutz indigener Territorien und Rechte als vielmehr der Zugang zu Bodenschätzen und Land für die Bergbau- und Agrarindustrie. Widerstand gegen PEC 215 wird nicht nur von der indigenen Bevölkerung, sondern auch von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Gruppen im ganzen Land sowie weltweit artikuliert (Brasilien Menschenrechtler warnen).

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