Die Rechte indigener Völker in den USA
Die Geschichte der indigenen Bevölkerung Nordamerikas – bei uns gemeinhin Indianer genannt – ist durch Sklaverei, Gewalt bis hin zum Völkermord, Krankheiten, Armut, Analphabestimus und Alkoholismus geprägt. Die Indianer wurden in der Zeit der Besiedlung durch die Europäer in grausamen Auseinandersetzungen von ihrem Land verdrängt. Außerdem brachten die Europäer tödliche (neue) Krankheiten mit über den Atlantik, denen die Bewohner Nordamerikas nichts entgegenzusetzen hatten. In der Zeit der Kolonialisierung kam rund achtzig Prozent der gesamten indianischen Bevölkerung Nordamerikas ums Leben.
In den 1940er-Jahren gründeten sich erste indianische Interessenvertretungen und Organisationen, die jedoch längst nicht die Unterstützung aller Indigenen genossen. Die erste weitestgehend allumfassende indianische Widerstandsorganisation wurde der „National Congress of American Indians“ (NCAI). Der NCAI wurde im Jahr 1944 zum Zwecke des besseren Schutzes der indianischen Rechte gegründet und setzte sich für das Erstarken der Stammesregierungen ein.
Vor allem die jüngeren Indianer fühlten sich jedoch vom NCAI nicht angemessen vertreten, so dass sie in ihrer Unzufriedenheit 1960 den Nationalrat der indianischen Jugend (NIYC) gründeten. Der NIYC widmete sich ebenfalls dem Schutz der Rechte der Indianer und unterstützte so 1964 im Bundesstaat Washington den Kampf um die Sicherung von Fischereirechten für Indigene. Sein Hauptziel sieht der NIYC jedoch darin, den Raub an Boden und Rohstoffen zu verhindern. Diesen ersten Schritten hin zu organisierten Interessenvertretungen indigener Anliegen folgte zehn Jahre später durch über 5000 Vertreterinnen und Vertreter 98 verschiedener indigener Gruppen die Gründung des „International Indian Treaty Council“ (ITTC), der bis heute die einflussreichste Widerstandorganisation der Indianer ist. Der IITC strebt die Souveränität und Selbstbestimmung der indigenen Völker Nordamerikas an und setzt sich für die Anerkennung und den Schutz der indigener Rechte ein, wozu u.a. Vertragsrechte, Landrechte und Jagd- und Fischereirechte zählen. Im Jahr 1977 wurde der IITC die erste Indigenenvertretung, die den Konsultativstatus des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen erhielt (Indianer in der 60er 70er Jahren).
Rechte der Indigenen – Entwicklung
Heute leben rund drei Millionen Indianer in den Vereinigten Staaten, dies entspricht etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung. 562 Indianerstämme sind offiziell anerkannt. Die meisten Indianer leben heute im Gebiet um den Grand Canyon (Arizona, New Mexico, Kalifornien) in Reservaten.
Am 2. Juni 1924 erhielten die Indigenen in den USA zusätzlich zu ihrer Stammeszugehörigkeit auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie waren als Staatsbürger jedoch nicht gleichberechtigt, da ihnen beispielsweise in einigen Bundesstaaten jahrzehntelang das Wahlrecht verweigert wurde.
Innerhalb der Reservate steht ihnen hingegen Selbstverwaltung und eine gewisse Eigenständigkeit in der wirtschaftlichen Entwicklung und Steuerpolitik zu. In den derzeit 314 Reservaten leben etwa 500.000 Menschen. Die Reservate werden von den Indianern selbst verwaltet, sie haben eine eigene Regierung, eigene Gerichte, eigene Gesetze sowie eine eigene Polizei. Die sozialen Bedingungen sind dennoch ausgesprochen schlecht, da es in den Reservaten kaum Arbeitsmöglichkeiten gibt, zudem sind die Wasser-, Strom- und Gesundheitsversorgung sowie der Zugang zu Bildung oftmals mangelhaft. Die wenigen Einnahmequellen der Indianer in den Reservaten sind der Tourismus, Kunsthandwerk sowie das Betreiben von Spielkasinos.
Mit Ausnahme einiger weniger Stämme, die es mit Spielkasinos zu Wohlstand gebracht haben, ist das Leben in den Reservaten stark von Armut geprägt, das Leben ist durch Krankheiten, Alkohol- und Drogenprobleme, die Bedrohung der Subsistenzwirtschaft durch Einschränkungen der Fischerei und des Jagdrechts hart. All diese Faktoren sind mit ausschlaggebend, dass es in den USA zu einem starken Anstieg der Selbstmordrate unter Indianern gekommen ist. Zu diesen sozialen Schwierigkeiten gesellen sich noch ökologische und problematische Landrechtsverhältnisse im Zuge des Abbaus von Uran in den Reservaten. Etwa die Hälfte des in den USA abgebauten Urans wird auf indianischem Territorium abgebaut. Je nach US-Regierung wird der Abbau vorangetrieben – wie etwa in der Regierungszeit von Präsident George W. Bush – oder der Schutzgedanke und die Rechte der Indianer erfahren stärkere Beachtung. So hat Präsident Barack Obama 2009 ein Dekret unterzeichnet, das die Vergabe von weiteren Schürfrechten in einem weiten Gebiet des Grand Canyon stoppte (Der rechtliche und politische Status nordamerikanischer Indianer).
Als Zugabe all dieser Hindernisse, die ihnen von Behörden und Regierung(en) in den Weg gelegt werden, kommt die alltägliche Diskriminierung und Gleichgültigkeit der Mehrheitsgesellschaft hinzu.
Aktuelle Situation
Seit 2009 treffen sich die Vertreter der Indianer jedes Jahr mit der Regierung, um bessere Wirtschaftsförderung sowie Bildungs- und Jobchancen der Indianer in den USA zu diskutieren. Verschiedene indigene Vertreter und Organisationen lobten Präsident Obama überschwänglich, da er sich wie kaum ein Präsident zuvor um die Indianerfragen gekümmert habe. Er ergriff verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Indianer in den USA, zum Beispiel die Anerkennung vieler Indianerstämme, Milliardenbeträge für neue Hilfsprogramme, Stipendien und Initiativen. Er gab Landflächen an die Indianer zurück, die ihnen im 18. und 19. Jahrhundert geraubt wurden und 2012 entschädigte die US-Regierung 41 Indianerstämme mit einer Milliarde Dollar. Grund hierfür war, dass die Indianer der Regierung Misswirtschaft bei der Verwaltung von Stammesgeldern und den Einnahmen aus der Nutzung ihrer Gebiete vorgeworfen hatten. Über Jahrzehnte gab es Streit, Urteile, Verhandlungen um eine mögliche Entschädigung, bis 2012 Einigung erzielt werden konnte.
Trotz des starken Zeichens eines jährlichen Treffens des Präsidenten mit Vertretern der Indianer, um ihre Probleme anzuhören, sind eine Vielzahl weiterer Maßnahmen für die Verbesserung des Lebens der Indianer in den USA notwendig (Obama admin strikes deal in indian trust).