Was sind indigene Völker?
Es bezeichnen sich etwa fünf Prozent der Weltbevölkerung als Indigene, das sind gut 370 Millionen Menschen. Die meisten von ihnen leben in abgelegenen (unerschlossenen) Regionen der Erde. Sie bilden rund 5.000 Völker, die in über 70 Staaten leben und von Indios im amazonischen Regenwald über die Inuit der Arktis, die Tuareg der Sahara bis zu den Aborigines in Australien und den Maori in Neuseeland reichen.
Anders als man denken mag, sind Indigene Völker nicht zwangsläufig die einzigen einheimischen Menschen, die in ihren Ländern angesiedelt sind. Das Wort „indigen" bedeutet „einheimisch". Es bezeichnet die Nachfahren von Völkern, die ein Gebiet bereits vor der Kolonialisierung, der Besiedlung durch eine andere Kultur oder der Gründung eines modernen Staates bewohnten. Die im Deutschen immer wieder anzutreffenden Bezeichnungen „Eingeborene" oder „Ureinwohner" sind hingegen keine korrekten Begriffe, weil sie einerseits eine primitive und unterentwickelte Lebensweise unterstellen und andererseits darin mitschwingt, die Bevölkerung wäre schon immer auf diesem speziellen Gebiet ansässig, was selten tatsächlich zutrifft.
Dennoch sind indigene Völker in vielen Fällen „eingeborene" oder „gebürtige" Menschen des Landes, in dem sie in der Tat leben und wo sie sich selbst als Nachkommen der Völker erkennen, die in diesen Gebieten vor der Kolonisation oder vor der Bildung der gegenwärtigen Gesellschaft gewohnt haben. Außerdem müssen sie sich in der Regel nicht mit der Nation identifizieren, der sie offiziell zugehörig sind, sondern vielmehr mit den Bräuchen und der Kultur ihrer Vorfahren.
Den Begriff „Naturvölker" gibt es so nur in der deutschen Sprache und er ist ebenfalls nicht zur korrekten Bezeichnung indigener Völker geeignet. Verbirgt sich dahinter doch die Vorstellung der „Edlen Wilden", die in vollkommener Harmonie mit der Natur leben. Ein Irrtum, denn auch naturverbundene Gemeinschaften sind nicht immer so umweltbewusst sind, wie der Begriff „Naturvolk" suggeriert.
Wer ist „indigen"?
Indigene Völker sind die Nachfahren der Erstbesiedler einer Region, sie haben ihre eigene Sprache, Kultur sowie soziale, kulturelle und politische Einrichtungen und Organisation, die sich deutlich von denen der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden, in der sie meist leben. Während indigene Völker die Erfahrungen der Diskriminierung und Marginalisierung mit anderen ethnischen Minderheiten teilen, gibt es doch entscheidende Unterschiede bezüglich ihrer Rechte und Identität. Indigene Völker haben - anders als andere Gruppierungen - stets die Anerkennung ihrer kollektiven Rechte betont, da sie sich nicht nur als eine Ansammlung von Individuen betrachten (Hintergrund Indigene).
Noch immer werden viele indigene Völker von der Gesellschaft ausgeschlossen und ihnen Rechte als gleichberechtigte Bürger vorenthalten. Dennoch sind sie nach ihrer Selbstbestimmung fest entschlossen, ihr angestammtes Land und ihre Identität zu erhalten und an zukünftige Generationen weiterzugeben.
Anhand dieser Kriterien, die im Auftrag der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen und der UN-Arbeitsgruppe für indigene Bevölkerungen in den 1970er-Jahren erarbeitet wurden, lassen sich „indigene Völker" identifizieren - eine einheitliche und offiziell anerkannte Definition des Begriffes „indigene Völker" gibt es bislang nicht.
Ein bislang unlösbarer Streitpunkt in der Definitionsfindung ist die Frage, ob von "indigenous people" (Menschen) oder "indigenous peoples" (Völkern) die Rede ist. Das hat massive politische Gründe: die offizielle Bezeichnung als Volk würde entsprechende völkerrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere das Recht auf Selbstbestimmung, was die freie Verfügung über Land und Ressourcen beinhaltet. Eine Anerkennung dieser Rechte ließe viele Regierungen um die Kontrolle und den Besitz der Bodenschätze auf ihrem Staatsgebiet fürchten.
Kollektive Rechte
Im Gegensatz zu anderen ethnischen Minderheiten, die um den Schutz ihrer Rechte auf einer individuellen Ebene kämpfen, haben indigene Völker immer die Notwendigkeit betont, ihre kollektiven Rechte zu erkennen, zu fördern und zu sichern. Die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP), die 2007 von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde, erkennt diese kollektiven Rechte an.
Selbstbestimmung
Heutzutage sind viele indigene Völker immer noch von der Gesellschaft ausgeschlossen und ihre Rechte als gleichberechtigte Staatsbürger werden regelmäßig verletzt. Dennoch sind sie entschlossen, ihre angestammten Territorien und ihre ethnische Identität zu entwickeln, zu bewahren und diese an künftige Generationen weiterzugeben und auf ihr Recht auf Selbstbestimmung zu bestehen.
Selbstidentifikation
Die Selbstidentifikation als indigenes Individuum, das innerhalb einer Gruppe als solches akzeptiert wird, ist ein wesentlicher Bestandteil des Identitätsgefühls indigener Völker. Ihr Fortbestehen als Völker ist eng mit den Möglichkeiten verbunden, ihr eigenes Schicksal beeinflussen zu können und in Übereinstimmung mit ihren eigenen kulturellen Traditionen und Werten, sozialen Institutionen und Rechtssystemen zu leben (Indigenous Land Rights).